KTL oder Strahlen?

Den gestrigen freien Tag habe ich mal nicht zum Schrauben genutzt. Stattdessen widmete ich mich den weiteren logistischen Herausforderungen. Ein ganz großes Thema dabei ist die Endverarbeitung der Blechteile. Ich neige derzeit trotz hoher Kosten zur KTL-Beschichtung (kathodische Tauschbadlackierung), denn in meinen Augen ist die verwinkelte, selbsttragende Karosserie des B GT nur dann langfristig konserviert, wenn wirklich jeder Rost – auch in unzugänglichen Hohlräumen – entfernt und alles solide beschichtet werden kann. Eine gute Alternative zum Strahlen eines Oldtimers?

Bei der KTL wird die Karosserie zunächst chemisch entlackt und dann restauriert. Man spart sich also auch das mühevolle und schmutzintensive Abschleifen der Teile, hat aber doppelte Transportwege, weil die Restaurierung ja meist woanders durchgeführt wird. Nach dem Schweißen muss alles entrostet werden, denn Flugrost ist auf dem ungeschützten Blech ein großes Thema. Nun kann das Ganze – ggf. inkl. weiterer Blechteile wie Türen oder Kotflügeln – unmittelbar auf einem Gestell ins KTL-Bad. Hierzu müssen alle Teile mit Löchern versehen werden, so dass sich keine Luftblasen im Innern bilden. Schweller und auch das Dach müssen deshalb angebohrt werden. Die KTL selbst bildet dann durch den elektrochemischen Prozess eine konstant dünne und sehr robuste Schicht, die später eingebrannt wird und so das Metall vor Umwelteinflüssen schützt – auf dem Niveau von Neufahrzeugen! Nach der KTL wird alles gereinigt und ist dann mit dem Gestell lackierfähig.

Grundsätzliches Problem dabei: Es gibt nur wenige deutsche Anbieter, von denen man als Privatkunde Angebote anfordern kann. Ich habe auch bei einigen Industriebetrieben nachgehakt, aber die haben entweder keine genügend großen Becken oder nehmen grundsätzlich keine Kleinaufträge an. Die google-Recherche kann man sich also getrost ersparen – es sind offenbar nur fünf Anbieter.

Von denen liegen mir nun Angebote vor. Der Service unterscheidet sich dabei teilweise massiv. Vom Vollanbieter (Carblast, Rainer Syre, Sinan Wagner) bis zum reinen KTL-Dienstleister (WOB-Wessling, Brüggen) ist alles dabei. Unterschiede gibt es aber auch im Detail: Muss man den Wagen selbst anliefern? Sind Bitumenreste der Dämmmatten vorher vollständig zu entfernen? Ist ein passendes Gestell, das man ggf. behalten kann, inklusive?

Es ist also eine verzwickte Situation, denn die Kosten sind kaum vergleichbar, da auch der Service variiert. Hinzu kommt, dass beispielweise Carblast empfiehlt, die unrestaurierte Karosserie zu beschichten, doch ich stelle mir die Frage: Will ich den Wagen erst nach dem KTL-Bad schweißen? Das erscheint mir inkonsequent, auch wenn die Transportlogistik dann mit nur zwei Wegen einfacher ist.

Auf jeden Fall sind für einen kompletten KTL-Prozess einer „kleinen“ PKW-Karosserie mit Entlacken und Entrosten mindestens 4.500 € einzuplanen. Eine Menge Holz für einen Wagen wie Spencer, der im 1er-Zustand kaum über 20.000 € Marktwert kommen wird! Strahlprofis, die den Wagen natürlich merkbar günstiger entrosten können, berichten mir unterdessen von unglaublichen Schauergeschichten: Die Löcher in den Dächern würde man nicht mehr verzugfrei zuschweißen können. Und bei älteren KTL-Oldtimern würden die Falze durchrosten, weil nicht bereinigte Rückstände der chemischen Bäder (Säuren oder Laugen) das Metall angreifen. Ich halte das eher für widersinniges Konkurrenzgehabe, muss aber wohl trotzdem noch einige Nächte über das Thema schlafen. Gar nicht so einfach…

10 Gedanken zu “KTL oder Strahlen?

  1. Vor 10 oder 20 Jahre kannte man all diese Methoden noch nicht – da hat man entweder mit der Hand entlackt und entrostet oder eben sandgestrahlt. Und auch damals gab es Leute die mit der Technik umgehen konnten und andere die das nicht konnten.

    Ich habe mich für meinen Mark zum Sandstrahlen entschlossen. Aussen ist der ganze Lack ab – habe ich in stundenlanger Arbeit mit Heißluftfön und Spachtel gemacht (macht sogar Spaß und ich kann wunderbar dabei entspannen!). Ebenso der Unterbodenschutz – alles weg. Einzig der Motorraum und der Innenraum haben noch Farbe. Diese ist aber teilweise so zäh – ganz anders als aussen – das es ein schei*** Arbeit ist und in die Ecken kommt man eh nicht.

    Also aussen gilt für den Sandstrahler „reinigen“ und innen „farbe runter“. Btw. Mark ist seit heute beim Sandstrahlen – am Freitag kann ich über das Ergebnis berichten…

    Die Firma wurde mir von diversen Leuten empfohlen, die haben schon sehr viele Autos gestrahlt – also warten wir mal ab 😉

  2. Tja Holger, Recht hast Du. KTL ist erst seit wenigen Jahren für Oldies verfügbar. Ich bin zunächst mal gespannt auf Deine strahlenden Ergebnisse und werde wohl noch das ein oder andere Mal meine Gedanken durcheinander oder über den Haufen werfen…

  3. Hi, gebe dir Recht das höherdie Kosten zur KTL-Beschichtung ist, aber ich finde das es wert ist die KTL-Beschichtung zu machen. Man hat danch zwar mehr bezahlt aber das Ergebnis lässt sich sehen. Da der Oldtimer besser konserviert ist als wie bei einer strahlen Beschichtung.

  4. Die KTL-Beschichtung vorab durchzuführen wäre nicht inkonsequent sondern praxisnah…

    Erstens kommt das Fahzreug materialfrei auf einem Gestell zurück.
    Zweitens sieht man hier 100% alle bevorstehende Arbeiten. Drittens darf man nicht vergessen, dass neue Blechpartien i.d.R. schon beschichtet sind. Nimmt man den Fall an, dass das Fahrzeug zuerst entlackt dann geschweisst und letzendlich beschichtet wird, vergessen viele, dass die KTL nur auf dem blanken Blech funktioniert und ein sauberers, phosphatiertes Blech benötigt. Nach Schweissen wäre eine weitere Nachentrostung fällig, was die Kosten allein wegen der Logistik um einiges erhöht. Der Korrosionschutzgedanke ist bei KTL m.M.n. zweitrangig. KTL sehe ich eher als 100% Bestandsaufnahme dito Restaurationsvorbereitung.

  5. Hallo Alexander,
    ja ich kann die Argumentation an sich schon nachvollziehen – nur sträubt sich mein Oldtimer-Hirn derzeit gegen den Gedanken, die zerfressene Karosserie zu KTLen. Deswegen habe ich in unserem Telefonat auch nochmals nachgefragt, um das richtig zu verstehen. Lieber wäre mir natürlich, eine nachbearbeitete – also geschweißte – Karosserie im quasi-Neuzustand in die KTL zu bringen. Aber das ist logistisch sicher ein Mehraufwand.
    Kann man denn schon von älteren KTL-Oldtimern bzgl. der Langlebigkeit berichten??? Ich höre nämlich selbst aus vermeintlichen Fachkreisen immer wieder Schauergeschichten von Säure- bzw. Laugerückständen in Falzen etc., die angeblich nach mehreren Jahren die A-Säulen von innen zersetzen. Sowas will man natürlich vermeiden…
    Freue mich auf eine Antwort!
    Sven

  6. Hallo Sven,

    erst mal Glückwunsch zu der super detailreichen Restaurationsbeschreibung. Freue mich schon jedesmal auf den neuen Beitrag. Die von dir benannten Kosten von ca. 4500 € sind natürlich schon ne ordentliche Nummer. Ich verstehe das doch richtig; die Karosse ist dann noch nicht geschweisst?! Ich weiß das es nicht jedermanns Sache ist (Originalität etc.), aber dann lohnt es sich ja fast schon eine Neukarosse zu erwerben. Mein GT ist mit so einer Karosse in England neu aufgebaut worden. Das Ergebnis, auch nach ca. 8 Jahren, ist einfach überzeugend. Die Bilder habe ich dir ja schon mal gemailt. Wie gesagt, gefällt nicht jedem!! Aber jede Lösung hat ihre Vorteile, du triffst sicher die für dich richtige Entscheidung.
    Gruß
    Axel

  7. Hi Axel,
    ja, eine Heritage-Karosserie wäre auch eine Option, wenn ich nicht so sentimental wäre und an Spencer hinge. Und der definiert sich nun mal vorrangig durch seine Fahrgestellnummer. Ich habe gerade mal beim BMHL nachgeschaut. Eine frühe GT-Karosserie liegt bei etwas über 8.000 € – was plus Fracht ungefähr das Doppelte einer günstigen KTL-Karosserie ist. Dann wäre sie zwar wirklich werksneu, doch ich würde mich mit dem „Neufahrzeug“ nicht im Geiste anfreunden können.
    Bzgl. des Schweißens gibt es halt zwei Optionen. Entweder, man gibt – wie von Carblast empfohlen –die komplett demontierte und verrottete Karosserie in die KTL und erhält eine langlebige Basis zum Schweißen zurück oder man macht erst die Metallarbeiten und taucht dann das Ganze ins KTL-Bad. Fände ich schöner, ist aber aufwändiger. Dann muss man nämlich nach dem Schweißen nochmals entrosten und phosphatieren, zumal so im Regelfall doppelte Transportlogistik (vom Entlacken zum Schweißen und dann vom Schweißort zur KTL) notwendig ist.
    Welche Entscheidung ich treffen werde ist noch offen. Bei so viel Geld überlegt man ja genau, ob man investiert…

  8. Hallo Sven,

    zu den Forums-Märchen:

    Falzrost und sonstige Horrorszenarien sind m.M.n. wie folgt entstanden:

    -Karosserie wurde chem. entlackt und mit Schwelfelsäure entrostet. Abschliessend wurde
    von Hand grundiert und Lackiert.
    -Hohlräume blieben nackt oder es wurde versucht mit einer
    Sonde die Hohlräume auszuspritzen.

    Funktioniert nur beschränkt und/oder eigentlich gar nicht, da flächen nicht silikonfrei. Hier Gefahr Rost gegeben. Karosse nach Entlacken und ohne KTL ist aktiv..zieht alles an….

    Variante KTL:

    -Karosserie entlacken mit Lauge
    -Neutralisieren
    -Entrosten mit Phosphorsäure/Lösung
    -Flüchtiger Korossionschutz/Neutralisation

    dann zum KTL

    -Wiederholung aller Schritte s.o. im 12min Takt
    -Elektrochemische KTL flüssig
    -Trocknen im Ofen ca. 180° C
    -Nachspülen mit Wasser

    Prozess beendet.

    Diese Reihenfolge ist zertifiziert nach DIN und wird bei jedem Neuwagen gemacht. Mit der Folge, dass die Neuwagen nach ca. 10 Jahren unter Normalgebrauch rosten.

    Wenn man nach Schweissen eine ordentliche Lackierung durchführt mit einer abschliessender Hohlraumkonservierung z.b. Mike Sanders Fett, Unterboden in Wachs, so sehe ich hier keine Gefahren.

    Beispiel: http://www.carblast.de

    Im übrigen, wenn man Kosten mitberücksichtigt…

    KTL ist neuware..dass heisst die Neukarossen in England haben den gleichen Weg beschritten. Je nach Blechzustand könnte man unter 8t eur incl. KTL bleiben.

    Transportwege gibt es keine.. Thats it 🙂

  9. Für alle, die diesen Blog auf der Suche nach Infos zum Thema „KTL für Oldtimer“ gefunden haben: Einfach in der Begriffswolke oben rechts auf „KTL“ klicken – dann gibts viele hilfreiche Infos zum Thema aus der Praxis. Um es vorwegzunehmen: Ich habe mich für eine KTL von Carblast entschieden…

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